BGH zum Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer Entscheidung vom 15.05.2018 Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess zugelassen.

Im Streitfall stritten die Parteien darüber, wer auf zwei Parallelspuren fahrend seine Spur verlassen und dadurch eine Kollision herbeigeführt hatte. Die Vorinstanzen hatten die Verwertung von Aufnahmen einer von einer Prozesspartei an der Windschutzscheibe montierten Dashcam nicht zugelassen, da diese gegen Datenschutzbestimmungen verstießen und damit ein Beweisverwertungsverbot vorliege. Die Aufnahmen dürften im Prozess nicht als Beweismittel verwendet werden.

Der BGH sieht das anders. Zwar verstößt eine permanente und anlasslose Aufzeichnung des gesamten Verkehrsgeschehens gegen Datenschutzbestimmungen, denn eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung unmittelbar des Unfallgeschehens sei technisch möglich, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und ein Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges. Das wiederum heißt, Dashcams sind dann auch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten dann nicht zu beanstanden, wenn sie technisch entsprechend ausgerüstet und eingestellt sind.

Doch führe die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Das Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche finde eine Stütze in strafrechtlichen Bestimmungen (§ 142 StGB - unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) und in § 34 StVO, nach dem auf Verlangen der eigene Name und die eigene Anschrift anzugeben, der Führerschein und der Fahrzeugschein vorzuweisen sowie Angaben über die Haftpflichtversicherung zu machen sind.

Das Geschehen ereignete sich im öffentlichen Straßenraum, in den sich der Beklagte freiwillig begeben habe. Er habe sich durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Es wurden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar sind. Rechnung zu tragen sei auch der häufigen besonderen Beweisnot, die der Schnelligkeit des Verkehrsgeschehens geschuldet ist. Unfallanalytische Gutachten setzen verlässliche Anknüpfungstatsachen voraus, an denen es häufig fehlt.

Entsprechend überwiege das Interesse des Beweispflichtigen, Videoaufzeichnungen vom Unfallgeschehen auch dann als Beweismittel im Zivilprozess zuzulassen, wenn diese unter Verstoß gegen Bestimmungen des Datenschutzes hergestellt wurden.

BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – VI ZR 233/17

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